Eins der größten Vorteile, die Lars aus unserer Reise bis jetzt zog, war, dass er nicht andauernd dazu gezwungen wurde, „die Bachelorette“ zu schauen. Doch wie es dann doch dazu kam, ist eine einzigartige Geschichte!
Das nächste Ziel unserer Reise trug den Namen „Picton“ und hatte neben dem Schiffszugang zur Nordinsel auch die „Marlborough Sounds“ zu bieten. Diese waren der Hauptgrund für unseren Besuch in der Stadt. Außerdem wollten wir den „Abel Tasman Coast Track“, eine viertägige Wanderung durch den bekannten Nationalpark im Norden der Südinsel, planen. Dies beanspruchte jedoch mehr Zeit, als wir eigentlich einplanten. Entgegen unserer bisherigen Erfahrungen mit Visitor Centern war die Beratung in Picton etwas spärlich. Nach zwei Stunden Diskussion hatten wir endlich unsere Campingplätze und den Shuttle gebucht und konnten uns auf unseren ersten „Great Walk“ freuen.
Von der verlorenen Zeit wollten wir uns jedoch nicht die Laune verderben lassen, und starteten direkt die erste, kleine Wanderung von Picton aus. Hierbei bekamen wir den ersten Eindruck von den Marlborough Sounds – really beautiful!
Doch bei der ersten Aussichtsplattform zeigte das Schild an, dass die Wanderung doppelt so lang sein sollte, wie gedacht. Da wir wussten, dass wir unsere Energie für den nächsten Tag brauchen würden, machten wir uns auf den Rückweg.
Als wir jedoch zurück am Parkplatz ankamen, machten wir die Begegnung, die unsere nächsten zwei Tage komplett verändern würde.
Als Leslie ihre Ukulele aus dem Kofferraum holte, wurden wir von Weitem angesprochen: „Seid ihr aus Deutschland?“ Als wir mit schüchternem „Ja“ antworteten, sahen wir, woher die Frage kam. Ein älterer Mann mit weißem Bart und herzlichem Blick saß auf einer Bank und meinte: „Kommt doch rüber, dann können wir uns unterhalten und du kannst mir etwas vorspielen!“
So lernten wir Herbert kennen, ein deutscher Rentner, der schon über vierzig Jahre in Neuseeland wohnte. Er erzählte uns viel über Neuseeland und die Maori, aber auch interessante Geschichten aus seinem Leben und seiner Seefahrtszeit. Die Zeit verging bei den spannenden Geschichten wie im Flug, sodass das Einzige, woran wir die Uhrzeit erkannten, die abendliche, aufsteigende Kälte war.
So mussten wir leider das Gespräch beenden, da wir unbedingt noch einen Campingplatz suchen mussten. Doch als wir dies bedauernd Herbert erklärten, lud er uns spontan zu sich nach Hause ein: „Ihr könnt doch in meinem Hof stehen. Da müsst ihr doch nichts bezahlen“. Gesagt, getan!
Bevor wir in die Autos stiegen, erklärte Herbert, dass wir uns beeilen müssten, denn in einer halben Stunde liefe seine Lieblingsserie im Fernsehn. Als wir genauer nachhakten, fanden wir heraus, dass es „Die Bachelorette“ war. Leslie machte Luftsprünge, und machte Herbert direkt auf die Gemeinsamkeit aufmerksam. Dabei fiel gar nicht auf, dass Lars die Augen verdrehte.
„Ja dann können wir das ja gemeinsam schauen heute Abend!“, verkündete Herbert und los ging es die Straße hinunter zu seinem Haus.
Und so nahm dieser außergewöhnliche Abend langsam seinen Lauf: Ein gemeinsames Abendessen, Bachelorette und anschließend Rotwein aus Herberts Lager.
Das ganze Haus war im Landhausstil mit vielen alten und seltenen Möbelstücken ausgestattet, welche in einer interessanten Art und Weise zusammenpassten. So verbrachten wir den letzten Teil des Abends hauptsächlich auf Herberts Terasse, wo wir ihn bis ins Detail über jede seiner Vasen ausfragten.
Denn eins konnte Herbert wie kein anderer: Geschichten erzählen! Egal ob über seine Möbelsammlung, Wildschweine oder neuseeländische und deutsche Geschichte: Jahreszahlen und Namen konnte er sehr exakt wiedergeben, was uns beide sehr beeindruckte.
So saßen wir am Feuer und genossen die gemeinsame Zeit.
Am nächsten Morgen mussten wir früh aufstehen, da wir ein Boot gebucht hatten, dass uns ermöglichte, einen Teil des „Queen Charlotte Tracks“ zu wandern. Unser Wecker klingelte um 6.30 Uhr und wir packten unsere Utensilien für das Frühstück zusammen. Doch als wir Herberts Esszimmer betraten, stand bereits ein großes Frühstück auf dem Tisch! Als wir uns umdrehten, stand Herbert in der Küche und briet fröhlich Spiegeleier. Was ein Luxus!
Nun frühstückten wir gemeinsam und unterhielten uns so lange, dass wir beim Blick auf die Uhr erschraken. Wir packten blitzschnell unsere Wanderrucksäcke und setzten uns ins Auto. Da wir nicht genug Zeit für die Verabschiedung hatten, versprachen wir Herbert, nach unserer Wanderung nochmal zurückzukommen. Natürlich wollten wir ihm auch ein kleines Dankeschön vorbeibringen…
Um 9.00 Uhr legte die Fähre in den Queen Quarlotte Track ab.
Also: Schnell einchecken, parken und Ticket bezahlen. Vor lauter Stress schmiss Lars einen 20-Dollar-Schein in den Parkautomaten – um dann herauszufinden, dass dieser kein Rückgeld gab. So wurde das Parken ein teurer Spaß. Aber keine Zeit für Ärger, denn schon legte unser Schiff ab!
Die Fahrt durch den Queen Charlotte Sound war wunderschön und ganz schön windy! Auf dem Deck der Fähre genossen wir die Aussicht, während wir Infos über die Umgebung bekamen.
Und dann kamen wir tatsächlich dort an, wo Captain Cook in der Vergangenheit die ersten Schafe auf die Inseln ließ: Die „Ship Cove“.
Dort besuchten wir zunächst das weiße Denkmal Captain Cooks, wo wir eine interessante Begegnung mit einem jungen Mann aus Bayern machten. Als wir ihn fragten, ob er die gleiche Tour machte wie wir, antwortete er charmant: „Ja, und noch bisschen länger…“ So quetschen wir ihn aus, und er verriet uns, dass er den „Te Araroa Track“ lief, das waren insgesamt 3000 km von Neuseelands nördlichstem zum südlichstem Punkt – lebensmüde!
Trotzdem waren wir so begeistert, dass wir den Track direkt auf unsere Bucket-List setzten…
Das Schild zeigte: 5h 30min bis zum Ziel! Und los ging es!
Zunächst liefen wir den Hügel hinauf durch den Wald, bis wir zum ersten Aussichtspunkt gelangten. Dort zogen wir direkt die Windjacken aus, denn durch die Sonne und die Anstrengung wurde es schnell zu heiß. Doch bei solch einem schönen Tag konnten wir uns nicht beklagen!
Die Wanderung führte uns durch schattigen Wald an traumhaften Buchten und zauberhaften Ausblicken vorbei:
Nach fünf Stunden erreichten wir schließlich „Furneaux Lodge“, wo uns die Fähre wieder einsammeln sollte. Da diese jedoch etwas zu spät war, hatten wir genug Zeit, um uns am Strand zu entspannen und die Seele baumeln zu lassen…
Zurück auf dem Festland suchten wir direkt nach einer Bäckerei, bei der wir Kuchen kaufen konnten. Diesen wollten wir Herbert als „Dankeschön“ vorbei bringen, denn wie wir aus seinen amüsanten Erzählungen heraushören konnten, liebte er Kuchen über alles. Zum Glück konnten wir im letzten Café, das noch offen hatte, Blaubeer-Kuchen ergattern. Damit fuhren wir schnurstracks zu Herbert und klingelten. Als wir ihm feierlich den Kuchen überreichten, lud er uns direkt zu Kaffee und Kuchen und zu einer weiteren Nacht bei ihm ein. Eigentlich hatten wir geplant, in Richtung Nelson weiterzufahren, doch wir konnten das tolle Angebot natürlich nicht ablehnen und so blieben wir noch eine weitere Nacht in Picton. Auf leckeren Blaubeerkuchen folgte ein feuchtfröhlicher Abend auf Herberts Blümchen-Coach, von dem wir uns wünschten, dass er niemals zu Ende ginge…
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