Achtung Stauuuu! Gerade noch auf der einsamen Landstraße unterwegs, schon spaltet sich die Straße in fünf Spuren auf. Am Horizont erscheinen mächtige Wolkenkratzer und auf den Straßen wimmelt es nur so von Autos – Welcome to Perth!
Oder: Willkommen beim „Endgegner“, wie Lars es formulierte, während er das Auto stets auf der linken Seite durch die Straßen Perths zwängte. Das Straßennetz erschien uns zu Beginn wie ein unlösbares Rätsel und aufgrund einiger falscher Abzweigungen kamen wir nur sehr langsam voran.
Doch irgendwie schafften wir es, uns zur „Perth Library“ durchzuschlagen und dort um Punkt 9.40 Uhr anzukommen. Um 9.45 Uhr sollte die kostenlose „Orientation Tour“, die wir auf keinen Fall verpassen wollten, vor der Bibliothek starten. Den Tag zuvor hatten wir extra im Visitor Center angerufen, um den Zeitpunkt und Treffpunkt abzuklären und vor allem um uns zu vergewissern, dass es nur EINE Bibliothek im großen Perth gibt. Doch als wir schließlich bei dieser ankamen, war weder ein Guide noch eine größere Touristengruppe am besagten Treffpunkt zu finden. Und die Zeit rannte… three minutes left!
Während Lars versuchte, in zwei Sekunden ein Parkticket zu lösen, sprintete Leslie an den Infotresen der Bibliothek und fragte nach der Tour – Um herauszufinden, dass die „Western Australia Bibliothek“ eine von fünf Bibliotheken in Perth und es natürlich die Falsche war! Und zu diesem Zeitpunkt hatte die Tour schon angefangen…
Naja was soll man machen… Das Ende der Geschichte: Ein Trost-Cookie auf der Parkbank und einen neuen Plan schmieden!
Weiter ging es zuerst mit der Parkplatzsuche und es dauerte lange, bis wir ein wenig entfernt von der Innenstadt endlich fündig wurden. Von hier ging es mit der Bahn zurück nach Perth City und da standen wir nun endlich, mitten in der Millionenstadt:
Dort drehten wir eine Runde durch die stark besuchten Shopping-Malls und tranken einen leckeren Kaffee. Nachdem wir noch über die Brücke am Elisabeth Quay geschleudert waren, machten wir uns schon auf den Weg zurück zum Auto, denn für diesen Abend hatten wir etwas Besonderes geplant: Die „Kayak Sunset Tour“!
In South Perth, direkt am Ufer, trafen wir um 17.00 Uhr auf unseren Guide Leonie, die mit einem großen Wagen knallroter Kayaks vorfuhr.
Sie begrüßte uns sehr freundlich und wir hievten, wartend auf die anderen Kayak-Fahrer, schonmal unser Kayak vom Wagen. Doch plötzlich kündigte Leonie mit einem motivierten „Let’s go!“ den Beginn der Tour an. Doch wo waren alle anderen Touris und Kayak-Ruderer? In diesem Moment realisierten wir, dass wir an diesem Tag wohl die Einzigen zwei Tour-Mitglieder waren und das Glück hatten, eine exklusive Privat-Kayaktour mit Leonie zu erleben – was für eine Überraschung!
Nach einer kurzen Einweisung und einem wackeligen Start bekamen wir es hin, relativ gleichmäßig zu paddeln. Währenddessen erzählte uns Leonie Spannendes über die Pflanzen- und Tierwelt Perths. Als die Sonne schließlich unterging, legte sich ein goldener Schimmer über den See und die Skyline der Stadt. Es fühlte sich beinahe magisch an, in den Sonnenuntergang hineinzufahren…
Am nächsten Morgen wachten wir bei Sonnenaufgang auf. Unser heutiges Ziel war Fremantle, eine kleine Küstenstadt in der Nähe von Perth, die den Ruf hat, viel schöner als Perth zu sein. Also ab nach Fremantle!
Dort erwartete uns eine antike, riesengroße Markthalle mit vielen bunten Ständen. Uns stieg eine lockende Geruchsmischung von frischem Obst, gebackenen Toasts und Frühlingsrollen in die Nase – ein wahres Essensparadies.
Der erste Stand, den wir sofort erblickten, hatte für uns direkt etwas Heimisches: Die original deutsche „Bratwurst-Bar“. Selbstverständlich wollten wir direkt wissen, ob der Verkäufer auch ein waschechter Deutscher war. Zwar gab er zu, dass er nur deutsche Gene von seiner Mutter mitbekommen hatte, dafür machte er jedoch eine Premium-Bratwurst nach deutschem Rezept!
Nach dieser unterhaltsamen Begegnung schmökerten wir durch die vielen Stände, probierten hier und da eine Köstlichkeit und erkundeten die außergewöhnlichste Handwerkskunst. Am Ende unseres Marktbesuchs ließen wir uns einen Spinat-Feta-Fladen schmecken und tranken einen exklusiven „Native Happiness-Mango-Eistee“. Zum Wohl!
Im Visitor Center informierten wir uns anschließend über die Highlights in Freemantle und starteten von dort aus unsere Erkundungstour. Die altertümlichen Häuser der kleinen Stadt faszinierten uns von Anfang an, jedoch stieg die Temperatur zu Mittag gewaltig an, sodass wir uns schnell entschieden, nach einem verkürzten Rundgang ins Meer zu springen.
Abgekühlt und entspannt vom Strand machten wir uns schließlich kurz vor Sonnenuntergang auf den Weg zum kostenlosen Campingplatz, der etwas außerhalb von Fremantle lag.
Tatsächlich meisterten wir es, pünktlich bei Sonnenuntergang auf dem Campingplatz anzukommen. Glücklich und zufrieden suchten wir uns einen Stellplatz auf der großen Wiese und freuten uns schon auf das Abendessen. Doch plötzlich hämmerte jemand heftig gegen unser Fenster und ein älterer, brummiger Mann stand vor unserer Tür. „Do you have a toilet or a shower? It’s self-contained. You can’t stay here“, sagte er. Erschrocken vom Tonfall des Mannes fragten wir erstmal vorsichtig nach, was „self-contained“ überhaupt bedeutet. Der Mann erklärte uns widerwillig, dass wir ohne Toilette und Dusche nicht hier schlafen könnten und wir sofort den Campingplatz verlassen sollten. Ansonsten rufe den Ranger an! Danach machte er auf seinem Absatz kehrt und verschwand in seinem Wohnmobil. Danke auch für das Gespräch!
Hilflos erkundigten wir uns nun bei Wikicamps nach dem nächsten Campingplatz. Dabei hatten wir mit dem Bewusstsein, nun doch nachts bei sehr hoher Kangaroo-Gefahr fahren zu müssen, ein mulmiges Gefühl im Bauch.
Doch offensichtlich bemerkte der Mann seinen dreisten Tonfall im Nachhinein, erkannte unsere Hilflosigkeit und kam zurück zu unserem Camper. Er erklärte uns, dass er heute schon viele Ranger gesehen hatte und er uns nur warnen wollte. Zudem zeigte er uns den nächsten Campingplatz. Trotz seines im Nachhinein schlechten Gewissens bleibt der Mann der erste, unfreundliche Australier, den wir auf unserer Reise getroffen haben. Glückwunsch!
Uns trotz seiner Mühe bescherte er uns den größten Schock unseres Roadtrips…
Mit 40 km/h tuckerten wir aufgrund von Kangaroo-Crash-Angst mit unserem Camper die Landstraße entlang.
Plötzlich sprang ein riesiges Kangaroo direkt vor unseren Van! Rummps! Lars legte eine gewaltige Vollbremsung hin. Schranktüren schlugen um sich, Nudeln flogen umher und der Camper gab ein lautes Quietschen von sich. Es fühlte sich an, als ob der Camper in zwei Hälften zersplittere.
Doch das Kangaroo lebte!
Und der Camper fuhr zumindest noch, wie wir nach fünf Minuten Schockstarre herausfanden. Das war knapp!
Aufgrund dieses Erlebnisses verminderten wir die Geschwindigkeit unseres Campers um die Hälfte und fuhren nun mit 20 km/h eine 110 km/h Landstraße. Etliche Autos überholten uns mit einem empörten Hupen, doch das war uns in diesem Moment egal – das Kangaroo und der Camper hatten überlebt und wir hatten gerade den Schock unseres Lebens überstanden.
Bei so viel Trubel kann man es sich schon mal erlauben, langsamer ins nächste Abenteuer starten…
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