Noch ein letztes Mal in Neuseeland wollten wir uns beweisen.
Die Wettervorhersage war gecheckt, sonnig und blauer Himmel und die Rucksäcke waren gepackt. Das Ziel hatten wir klar vor Augen: Drei Tage Tramping mit dem „Green Lake“ als belohnendes Ziel. Let’s do it!
Als wir uns über die Wanderung im „DOC Visitor Center“ informiert hatten, wussten wir noch nicht, dass das sogenannte „Tramping“ so viel anders ist als normales Wandern. Aber das sollten wir schnell herausfinden…
So machten wir uns am Freitag Mittag motiviert auf den Weg zur „Clark Hut“, die dem Wegweiser zufolge dreieinhalb Stunden vom Startpunkt entfernt lag.
Doch bereits in der ersten halben Stunde merkten wir, dass das „Tramping“ in Neuseeland alles andere als eine normale Wanderung ist. Ein matschiger, wurzelübersähter Weg führte uns in den Wald hinein, immer den orangenen Pfeilen nach. Mit unseren halbhohen Trekking-Schuhen waren wir nicht bestens für tiefen Matsch ausgerüstet, und so balancierten wir mit Mühe mit den schwer beladenen Rucksäcken über glitschige Wurzeln, um dem tiefen Matsch zu entgehen. Doch dies wurde Leslie schnell zum Verhängnis, als sie ausrutschte, mit voller Wucht in den Matsch hineinschlitterte und sich dabei noch die Hand aufriss – das schrie nach der ersten Vesperpause!
Demnach suchten wir uns einen gemütlichen Platz im Trockenen und stärkten uns bei toller Aussicht mit Sandwichs.
Der nächste Abschnitt der Abenteuer-Wanderung führte uns durch eine hohe Wiese, die ebenfalls sehr matschig war. Wir kämpften uns durch die hohen Halme und fühlten uns wie richtige Krieger – immer den orangenen Pfeilern nach, sofern man sie in der hohen Wiese noch finden konnte. Unsere Schuhe inklusive Socken und Füßen waren inzwischen komplett durchnässt und wir waren froh, als wir endlich wieder am Eingang des Waldes angekommen waren.
Und endlich: Nach zweieinhalb Stunden erreichten wir den Wegweiser, der die Abzweigung zu unserer heutigen Übernachtungsmöglichkeit markierte. Nach erster Euphorie sahen wir genauer hin: Was?!
Für den ersten Abschnitt des Weges plante der Wegweiser eine Stunde ein, sodass wir weitere zweieinhalb Stunden zur Hütte benötigen würden. Etwas demotiviert trotteten wir weiter durch den Wald, jedoch erreichten wir bald den wunderschönen „Island Lake“. Dort verspeisten wir ein paar Cookies, die uns wieder Motivation und Power gaben. Ab durch das Unterholz!
Doch plötzlich konnten wir den nächsten, orangenen Pfeil nicht erkennen. Wir standen vor einem rauschenden Fluss, der den Wald durchquerte. Was nun? Wir scannten die um uns liegenden Bäume nach den orangenen Wegweisern, und plötzlich erkannten wir unser Schicksal: Wir mussten den Fluss überqueren!
Hilflos hielten wir nach einer Brücke Ausschau, die jedoch weit und breit nicht zu finden war. Es half alles nichts: Wir mussten durchs Wasser!
Lars bewies zuerst seinen Mut, fand einen dünnen Baumstamm, auf dem man die Strömung des Flusses überwinden konnte, und balancierte geschickt auf die andere Seite. Da Leslie jedoch die Befürchtung hatte, bei ihrem Unglück ins Wasser zu fallen, schnappte sich Lars auch ihren Rucksack und brachte ihn sicher und trocken auf die andere Seite. Jetzt musste nur noch Leslie ihre Angst überwinden. Ein Fuß nach dem anderen, Schritt für Schritt – geschafft!
So konnten wir nach gefühlten Stunden, die die Flussüberquerung in Anspruch nahm, endlich weiter trampen. Doch es sollte nicht der einzige Fluss bleiben, den wir überqueren mussten. Bis zur Hütte mussten wir insgesamt fünf Flüsse überqueren. Das bedeutete: Balancieren, Schuhe ausziehen und fünfmal barfuß durchs eiskalte Wasser.
Eine andere Herausforderung wartete ebenfalls auf uns: Die nächste Wiese, die so hoch war, dass weder ein Trampelpfad noch orangene Pfeiler zu erkennen waren. Schnell entschieden wir, uns einfach querfeldein durch die Wiese zu schlagen. Und tatsächlich entdeckten wir den nächsten Pfeiler am gegenüberliegenden Waldrand, nur war dieser wieder über einen Fluss zu erreichen. Irgendwann hatten wir den Punkt erreicht, an dem uns egal war, wie nass unsere Schuhe waren, wir wollten einfach nur noch ankommen!
Die letzte halbe Stunde wurde uns noch zusätzlich mit Regen erschwert, doch dann sahen wir endlich das Hüttendach in weiter Ferne auftauchen. Noch die letzten Meter durch die Wiese und: Wuhuuu! Endlich da!
Die erste Nacht verbrachten wir in der kostenlosen „Clark Hut“ und schnell erfuhren wir am eigenen Leib, warum sie kostenlos war. Die kleine Hütte war mit Matratzen ausgestattet, jedoch war sie nicht wirklich isoliert. So froren wir ziemlich, waren aber froh, im Trockenen zu stehen, während draußen vor Regen fast die Welt unterging.
Nach einem wärmenden Tee und einem guten Abendessen schlüpften wir in unsere Schlafsäcke. Eigentlich dachten wir, dass wir in dieser Nacht die einzigen Übernachtungsgäste in der Hütte, die nur vier Betten besaß, waren. Doch abends um 21.30 Uhr, in vollkommener Dunkelheit, lernten wir weitere, ungern gesehne Übernachtungsgäste kennen. Es raschelte, und nachdem wir uns mit der Taschenlampe versichert hatten, dass es kein zu spät kommender Wanderer war, erkannten wir die Eindringlinge. Blick auf die Essensvorräte: MÄUSE!!!
Nach dem ersten Schock mussten wir schnell handeln. So steckten wir unsere gesamten Vorräte in eine Tüte und hängten sie an die Decke.
Die ganze Nacht über konnte man Mäusepfoten über den Holzboden scharren hören…
Am Morgen nach der Horrornacht prüften wir zuerst die aufgehängte Essenstüte: Glück gehabt, alles noch da und vollständig!
Schnelles Frühstück und danach in die Wanderhosen – es lag ein langer Tag vor uns.
Vor allem war uns nach dem vorherigen Tag bewusst, was uns erwartete, da wir bis zum Wegweiser zurücklaufen mussten, um den weiteren Weg bis zum „Green Lake“ bestreiten zu können.
Leider hatten unsere Schuhe und Socken über die eisige Nacht nicht die Möglichkeit gehabt, zu trocknen, sodass wir das schlimmste Schicksal eines Wanderers erleben mussten: In nassen Socken weiter trampen!
Nach etlichen Flüssen, Wiesen und Wäldern kamen wir am zweiten Tag der Wanderung nach satten vier Stunden am Wegweiser an, der für diesen Abschnitt des Weges zweieinhalb vorgesehen hatte. So langsam beschlich uns das Gefühl, dass die Wegweiser uns veräppeln wollten…
Anstatt Flüssen oder anderen Hindernissen ging es jetzt steil den Berg nach oben, was uns ganz schön ins Schwitzen brachte.
Doch nach den letzten eineinhalb Stunden wurden wir für die harte Arbeit der letzten zwei Tage belohnt. Vor uns eröffnete sich der Blick auf den wunderschönen Gebirgssee „Green Lake“, in dem sich die Sonne spiegelte.
Ein Trampelpfad entlang des Seeufers führte uns schließlich zur traumhaften „Green Lake Hut“, in der man für ganze drei Euro mit Seeblick übernachten konnte. Obwohl wir erwartet hatten, dass die Hütte komplett überfüllt sein würde, waren wir die Ersten, die die Hütte erreichten. Zu zweit genossen wir den Nachmittag, machten Feuer, tranken Kaffee, lasen und genossen die traumhafte Idylle des Green Lakes. Im Laufe des Abends kamen weitere fünf Wanderer, mit denen wir interessante Gespräche führten, in der Hütte an.
Mit beeindruckenden Farben ging die Sonne an diesem Abend hinter den Bergen unter.
Am nächsten Morgen wurden von der ersten Sonnenstrahlen geweckt, die genauso wie am Abend zuvor den See magisch erleuchteten.
Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns schließlich auf den Rückweg und kamen mit triefend nassen, matschigen Schuhen, aber glücklich und zufrieden an unserem Camper an.
Im „Intention Book“ der „Green Lake Hut“ hatte jemand folgenden Spruch mit ziervollen Buchstaben auf die erste Seite geschrieben:
„If you still wonder how wet your shoes are, you haven’t been tramping enough!“
Nach den letzten drei Tagen voller Matsch, Wiesen, Flussüberquerungen, Querfeldein und Abenteuer verstanden wir nun ganz genau, was mit diesem Spruch gemeint war…
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