Tock, tock.
Es klopft an der Tür.
Wir öffnen.
Vor uns steht ein langhaariger Surferboy mit Surfbrett unterm Arm und entschuldigt sich mit spanischem Akzent: „Sorry, I have forgotten the code to open the door.“
So nahm der Spaß seinen Lauf…

In Airlie Beach zeigte sich uns das Hostelleben von seiner amüsantesten Seite. Bei dem Surferboy handelte es sich um den Uruguayer Gianfranco, der uns die nächsten Tage viel zum Lachen bringen sollte.
Bis zu Gianfrancos Ankunft waren wir noch zu zweit im leeren und stillen 8-Bett-Zimmer gewesen. Er war so unser erster Mitbewohner in Airlie Beach. Ironischerweise managten wir gerade in diesem Moment unsere Finanzen und somit waren alle Kassenzettel auf dem Boden verteilt. Der Uruguayer nahm dies nur mit dem Kommentar „You germans are fucking organised!“ zur Kenntnis, warf seinen Rucksack in die Ecke, schmiss sich aufs Bett und machte erstmal ein Powernap. So waren die Klischees voll ausgefüllt: Die ordentlichen und organisierten Deutschen und der entspannte und verpeilte Uruguayer. Doch wie verpeilt dieser wirklich war, das sollten wir erst in nächster Zeit erfahren.

Mittags nutzten wir die Zeit, um Airlie Beach kennenzulernen und vor allem, um für Leslie einen neuen, zweiten Bikini zu besorgen, der „auf jeden Fall billig, trägerfrei und farbenfroh“ sein sollte. Tatsächlich war der erste Bikini schon an der Westküste drauf gegangen, jedoch musste für den Strand an der Ostküste natürlich dieser ersetzt werden. Bei solch hohen Ansprüchen wurden wir jedoch leider nicht fündig…

Zurück im Hostel trafen wir den ausgeschlafenen, Mittagessen kochenden Gianfranco in der Küche und kamen mit ihm ins Gespräch. Dabei erfuhren wir, dass er eigentlich schon morgens mit dem Bus nach Cairns fahren wollte, dabei aber vergessen hatte, einen Sitzplatz zu reservieren. Nun hatte er den Plan, am nächsten Morgen weiterzufahren. Diesen Platz hatte er aber auch noch nicht reserviert! Das würde er später tun – wir blieben gespannt!

Wir fragten ihn, ob er Lust hätte, mit uns zur Lagune baden zu gehen und vereinbarten, uns dort zu treffen.

Zurück im Hostelzimmer hatte die nächste Mitbewohnerin aus England das Zimmer bezogen. Wir hielten einen netten Smalltalk und begrüßten sie freundlich. Interessant war, dass sie das Zimmer wohl nur verwendete, um ihren Rucksack abzustellen. Unsere gesamte Zeit im Hostel schlief sie nachts nicht ein einziges Mal im Zimmer! Uns blieb es ein Rätsel, wo sie nachts unterwegs war…

Nachmittags entspannten wir uns an der Lagune und genossen das heiße Sommerwetter.

Doch so lange wir auch warteten, Gianfranco konnten wir nirgends erblicken. Als wir von unserem sonnigen Mittag zurück ins Hostelzimmer kamen, war zwar nicht Gianfranco wie erwartet im Zimmer, jedoch dafür die fünfte Mitbewohnerin im Bunde: Die Argentinierin Roberta!

Und so konnte Leslie endlich ihre Spanisch-Kenntnisse unter Beweis stellen, als sie sich mit der Südamerikanerin unterhielt. Leider verstand Lars nur Bahnhof, deshalb wechselten wir schnell wieder auf Englisch.

Nun klopfte es an der Tür. Wer war das? Ein neuer Mitbewohner? Nein, wer hätte es gedacht: Ein triefnasser Gianfranco stand in der Tür und hatte wieder den Code für die Tür vergessen!

Seine Erklärung für den heutigen Mittag war, dass sein Handy leer gewesen wäre und er den Weg zur Lagune nicht googlen hätte können. Dann wäre er in den Hostel-Pool gegangen. Allerdings war die Lagune 50 Meter von unserem Hostel entfernt…
Und so schlappte Gianfranco in die Dusche. Fünf Minuten später wurde die Badezimmertür um einen Spalt geöffnet und unser Uruguayer fragte, ob wir ihm seinen Pulli bringen könnten. Diesen benutzte er aber weniger zum Anziehen, sondern vielmehr zum Abtrocknen, da er sein Handtuch draußen vergessen hatte – verpeilter geht’s nicht!

Oder doch?!
Beim Abendessen erzählten wir von unserem für den nächsten Morgen geplanten Skydive und unser Mitbewohner verkündete, dass er morgen auch einen Skydive machen würde. Seinen Skydive hatte er vor zwei Wochen schon gebucht – das aber wieder vergessen – und hätte ihn, wenn er den Bus nicht verpasst hätte, gar nicht machen können. Unglaublich!

Am nächsten Morgen – nach unserem aufregenden Skydive – gingen wir gemeinsam mit Gianfranco frühstücken. Beim Bezahlen fiel ihm plötzlich auf, dass sein kompletter Geldbeutel mit Inhalt durchnässt war. Wie das passiert war, wusste er zwar nicht, war ihm aber auch schnuppe.
Während er seinen Skydive machte, chillten wir an der Lagune und versuchten ein weiteres Mal, dem Sonnenbrand zu entkommen.

Und an der Lagune trafen wir auf niemand anderen als Selina, unsere „Australien-Ratgeberin“ aus Bretten! Mit ihr zusammen unterhielten wir uns über unsere Erfahrungen und kühlten uns in der Lagune ab. Zudem verabredeten wir uns abends mit ihr, um bei einem Abendessen unsere Zeit in Airlie Beach ausklingen zu lassen.

Bevor wir uns jedoch für den Abend frisch machten, kam erstmal unser Uruguayer wie immer völlig entspannt um die Ecke. Und nach seinen Angaben war der Skydive „gut, aber er hätte mehr erwartet…“ und „er fühlte sich zu sicher“. Diesen Typen schien auch nichts aus der Ruhe zu bringen – außer jonglieren! Denn beim Jonglage-Workshop mit Lars und einem anderen Jongleur fasste ihn die Motivation, so schnell wie möglich drei Bälle in die Luft werfen zu können und er feierte jeden noch so kleinen Erfolg.

Abends mussten wir uns schließlich von Gianfranco verabschieden, da ihm spontan eingefallen war, dass er ein Date hatte und leider nicht mit uns essen gehen konnte. Der Abschied viel uns sehr schwer, denn noch nie zuvor hatten wir solch einen liebenswerten Vollzeit-Chaoten kennengelernt…

Vor unserem Hostel trafen wir uns mit Selina und klapperten alle Restaurants ab, bis wir das perfekte für den heutigen Abend gefunden hatten: Little Vegas Burger & Bar.
Dort wurden uns super leckere und viel zu große Burger serviert. Uns tat es beiden sehr gut, durch das Treffen mal ein bisschen Heimat zu bekommen. Nach ein paar unterhaltsamen Stunden und leckerem Essen liefen wir schließlich zum Greyhound, denn es lag eine 15-stündige Nachtfahrt vor uns. Tatsächlich schafften wir es dort mit viel Überzeugungskunst, unsere Luftpumpe von der Great Ocean Road an Selina abzutreten. Aufgrund unseres großen Rucksackgewichts mussten wir unsere geliebten Luftmatratzen, die uns durch kalte Nächte im Süden Australiens getragen hatten, in Airlie Beach lassen…

Um 22.30 Uhr verabschiedeten wir uns schließlich von Selina und stiegen nach einem wunderschönen Abend in den Bus.
Am nächsten Mittag erreichten wir nach einer eisigen Nacht mit Klimaanlage auf höchster Stufe endlich Rainbow Beach!
Durchgefroren bewaffneten wir uns mit unseren Backpacks und marschierten bei 35 Grad zum Hostel, wobei unsere Zehen endlich wieder auftauten.

Unseren kurzen Zwischenstop in Rainbow Beach genossen wir in vollen Zügen.
Während wir mittags den Strand und die regenbogenfarbenen Sanddünen bewunderten, verbrachten wir einen entspannten Abend im Hostel mit Whittakers-Schokolade, die wir mit zwei deutschen Mädels teilten.
Doch plötzlich wurden unsere Gespräche über Gott und die Welt unterbrochen:
Ein betrunkener Australier schießt um die Ecke, springt elegant und lässig über den hohen Poolzaun und landet nach einem spektakulären Sideflip im ein Meter tiefen Poolbecken.

Wir waren davon nur so lange beeindruckt, bis er schließlich sein Handy aus dem Wasser fischte und in einen nahegelegenden Busch warf.
In Schockstarre saßen wir am Tisch, während der wirklich sehr betrunkene Australier uns spontan als Abtrocknungsmöglichkeit zu missbrauchen versuchte. Es dauerte keine fünf Minuten, bis er aus dem Hostel geworfen wurde!
Aber es dauerte deutlich länger, das Erlebnis zu verarbeiten…

Viel Zeit, um über die Ereignisse des Tages zu schlafen, wollten wir uns jedoch nicht geben. Am nächsten Morgen schafften wir es endlich, den Sonnenaufgang um 4.50 Uhr am Strand zu sehen. Sehr stolz kamen wir dort an und sahen die Locals fröhlich aus dem Wasser spazieren… Obwohl wir die Erfahrung des „Sehr-Früh-Schwimmens“ nicht machten, war der Sonnenaufgang wunderschön und wir hatten uns die anschließenden kostenlosen Pancakes im Hostel wirklich verdient!

Um die zehn Pancakes, die wir jeder verdrückt hatten, zu verdauen, mussten wir die letzten Stunden in Rainbow Beach liegend am Pool verbringen.

Um 12.15 Uhr machten wir uns schließlich auf den Weg zur Bushaltestelle, wo der Greyhound uns nach Noosa bringen sollte. Das prophezeite Lars zumindest, als er anscheinend gedankenverloren unsere Reservierung checkte…
Denn tatsächlich waren wir mal wieder nicht auf der Passagierliste des Busfahrers! Aber diesmal war es nicht der Fehler des Busunternehmens. Leslie konnte sich relativ schnell darauf einigen, dass Lars dieses Mal Schuld am Bus-Debakel war, denn wir hatten den Bus um 9.45 Uhr reserviert!
Hilflos standen wir neben dem Bus, doch der Busfahrer sagte ganz gechillt: „I can get you in. You can smile again.“ Puh, Glück gehabt!

Jetzt stand unserer Zeit in der Urlaubsstadt Noosa nichts mehr im Wege…

Kategorien: Australien

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